/ Haslach als Weberort

Der historische Markt Haslach an der Mühl, im Dreiländereck Österreich-Deutschland-Tschechien gelegen, ist seit jeher als Zentrum der Mühlviertler Leinenweberei bekannt. Über Jahrhunderte prägte das textile Schaffen das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben der Menschen in diesem hügeligen Landstrich nahe der Grenze zu Bayern und Böhmen und trug maßgeblich zur Identität des Orts bei.

Haslach

// Die textilen Wurzeln des Ortes

Grundlage für die Leinenweberei war der Anbau von Flachs, der auf dem ansonsten wenig ertragreichen Granitboden des Mühlviertels hervorragend gedieh. Das weiche, kalkarme Wasser der Mühlviertler Flüsse bot außerdem die ideale Voraussetzung  für das Weiß-Bleichen der fertigen Stoffe. Aufgrund dieser geographischen Gegebenheiten begannen die Mühlviertler Bauern schon im 13. Jahrhundert Flachs zu kultivieren und in den Wintermonaten in Heimarbeit von Hand zu verspinnen und anschließend zu Stoffen zu verweben.

Aus der anfänglich bescheidenen Produktion für den Eigengebrauch entwickelten sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts vollerwerbstätige Weber und Leinenhändler, die in Zünften organisiert waren und ihre Ware bald weit über die regionalen Grenzen hinweg verkauften. Der Ort Haslach, dem schon früh das Marktrecht verliehen wurde, nahm dabei, direkt im Dreiländereck am Handelsknotenpunkt zwischen Linz, Passau und Krumau gelegen, schon früh eine bedeutende Rolle ein. Stoffe, die auf den Wochenmärkten in Haslach gehandelt wurden, exportierte man in ferne Länder. Sie führten auch immer wieder weitgereiste Händler nach Haslach, die neue Impulse von außen einbrachten und die dazu führten, dass sich der Ort stets weiterentwickelte. 

Auch nach dem relativ späten Einsetzen der Industrialisierung, durch die die Textilerzeugung vor allem in klein- und mittelbetriebliche Strukturen verlagert wurde, blieben die Mühlviertler Webwaren die bedeutendsten Exportartikel der Region. 1950 gab es in Haslach noch 23 Webereien und außerdem befand sich hier seit 1883 auch die Oberösterreichische Textilfachschule, sodass das Image Haslachs als „historischer Webermarkt“ lange Zeit gehegt und gepflegt werden konnte.

Obwohl es im Mühlviertel auch heute noch einige gut situierte Webereien gibt, hat doch in den letzten 30 Jahren der globale Strukturwandel in der Textilwirtschaft auch vor Haslach nicht Halt gemacht. Im Laufe der letzten Jahrzehnte mussten viele Betriebe schließen. Bereits 1970 wurde vom Heimatverein Haslach das Webereimuseum im alten Schulgebäude am Kirchenplatz eingerichtet, das die lokale Textilgeschichte anhand eindrucksvoller Objekte dokumentiert. Es ist den engagierten Akteuren von damals zu verdanken, dass besondere Raritäten wie z.B. die Bröselmaschine, der Handdamastwebstuhl mit dem berühmten Tischtuch „Jägers Hochzeit“ oder die überdimensionale historische Kastenmangel für die Nachwelt erhalten geblieben sind und bis heute unsere Besucherinnen und Besucher faszinieren.

Nach 40 Jahren, in denen das alte Schulgebäude als Herberge diente, wurde das Webereimuseum 2012 an den neuen Standort im Textilen Zentrum Haslach übersiedelt und neu aufbereitet. Bezeichnenderweise war es gerade wiederum die Schließung einer Weberei, die diese Entwicklungen ins Rollen brachte.

// Impulsgeber "Textile Kultur Haslach"

Neben der gewachsenen Tradition als Leinenwebermarkt hat sich Haslach in den letzten 20 Jahren auch auf einer anderen Ebene einen Namen als Textilort gemacht, der auf die Aktivitäten des Vereins „Textile Kultur Haslach“ zurück zu führen ist.

Bereits 1990 schloss sich eine Gruppe Textilbegeisterter mit der Vision zusammen, eine Plattform für die zeitgemäße Auseinandersetzung mit verschiedensten textilen Welten zu schaffen und den internationalen Austausch zu fördern. Die Grundidee bestand darin, dem Betriebssterben dieser Zeit etwas Positives entgegen zu setzen und an einem Ort mit textilen Wurzeln durch das Einladen hoch qualifizierter TextilgestalterInnen und –künstlerInnen aus dem In- und Ausland neue Impulse anzuregen. Es sollte ein Brückenschlag zwischen der Kunst und der heimischen Industrie geschaffen und durch verschiedene Aktionen im öffentlichen Raum der Diskussionsprozess in der Bevölkerung angeregt werden. Unter dem Titel „Textile Kultur Haslach“ findet seither jedes Jahr im Juli ein großes internationales Symposium statt, das verschiedenste Workshops, Ausstellungen, Fachvorträge und Experimentierwerkstätten beinhaltet. Der weithin bekannte Webermarkt wird mittlerweile jährlich an einem Wochenende von 10.000 Besuchern frequentiert.

Was anfangs jahrelang im Ort bestenfalls belächelt wurde, hat sich mittlerweile zu einer anerkannten Veranstaltung etabliert. Haslach identifiziert sich heute in neuer Form wieder mehr mit seinen textilen Wurzeln, nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil der wirtschaftliche Nutzen der Veranstaltung für den Ort nicht mehr zu übersehen ist.

Das dichte Veranstaltungsangebot, das sich gleichermaßen an Fachpublikum und Laien wendet, hat Haslach unter Textilliebhabern über die Landesgrenzen hinweg wieder bekannt gemacht. Das Anliegen, den Faden der Textiltradition im Mühlviertel auf neuartige Weise weiter zu spinnen, hat somit in Haslach bereits selbst schon wieder Tradition.